Long-COVID-Situation in den USA

In den USA gibt es seit Anfang 2020 eine Umfrage, die versucht, den Einfluss der Corona-Pandemie zu messen: Household Pulse Survey. Die Daten der letzten Umfrage wurden kürzlich ausgewertet.

Etwa ein Viertel aller US-Amerikaner:innen berichten von Symptomen, die drei Monaten nach der Infektion noch anhalten. Die höchsten Raten werden aus Oklahoma (34,1%), Montana (33,8%) und Alabama (31,7%) berichtet, während Kalifornien (20,8%), Vermont und Washington D.C. (beide 16,5%) am unteren Ende der Skala liegen.

Von den Leuten, die über Long-COVID klagen, sagen etwa ein Drittel, dass sie das beim täglichen Leben einschränkt. Die Spanne geht dabei von über 50% in Hawaii bis zu 22,7% in Wyoming. Bei dem Bericht bin ich unsicher, ob diese Leute wirklich eine Teilmenge deren sind, die unter Symptomen leiden. Wenn man das aber annimmt, sind durchschnittlich mehr als 8% der Amerikaner:innen beim täglichen Leben eingeschränkt. Der höchste Anteil ist im Bundesstaat Mississippi mit 12,1%. Weiterhin recht hohe Werte mit über 10% der Bevölkerung haben North Dakota, Alabama, Hawaii, Arkansas, Oregon, West Virginia und Oklahoma. Auf der anderen Seite der Spanne Virginia, Minnesota, Washington D.C., Illinois, New York, Vermont und Maryland mit unter 5%.

BundesstaatLong-COVID-SymptomeEinschränkungen im täglichen LebenGesamtwert
Maryland21,624,75,34
Vermont16,532,45,35
New York21,624,85,36
Illinois22,824,85,65
Washington, D.C.16,534,85,74
Minnesota23,424,75,78
Virginia21,228,36,00
North Carolina23,326,86,24
New Jersey23,228,26,54
Rhode Island26,5256,63
Delaware2625,86,71
Wyoming29,722,76,74
Connecticut22,830,26,89
Massachusetts23,629,66,99
Colorado23,230,87,15
Missouri25,128,67,18
Alaska24,129,87,18
Pennsylvania22,831,87,25
Washington21,134,67,30
Ohio3024,47,32
Kentucky28,525,87,35
Nevada2431,17,46
California20,836,67,61
South Carolina2431,87,63
Kansas26,928,57,67
Florida27,627,87,67
Wisconsin24,331,67,68
Texas24,931,97,94
Michigan24,233,78,16
Arizona27,630,48,39
Iowa26,732,18,57
South Dakota29,529,18,58
Utah25,833,38,59
Maine23,536,68,60
Nebraska27,531,78,72
New Mexico25,534,48,77
New Hampshire24,336,38,82
Georgia22,939,28,98
Idaho27,233,59,11
Tennessee26,934,19,17
Louisiana25,337,69,51
Indiana28,734,79,96
Montana33,829,610,00
Oklahoma34,129,510,06
West Virginia29,434,510,14
Oregon25,141,510,42
Arkansas30,833,910,44
Hawaii21,150,810,72
Alabama31,733,910,75
North Dakota30,635,210,77
Mississippi27,244,612,13
Auswertung der Werte aus der Umfrage, rechte Spalte ist die Multiplikation der beiden Vorwerte.

Die Seite Nearly 1 in 4 American Adults Who Get COVID-19 Suffer From Long COVID hat noch einige mehr Zahlen und New study finds high number of Long COVID cases in Alabama geht auf die Situation in Alabama ein.

Dschungelcamp: Cora Schumacher

Die 17.Staffel von Ich bin ein Star – Holt mich hier raus! wird gerade ausgestrahlt. Eine der Teilnehmerinnen ist Cora Schumacher. Sie schied jedoch schon am dritten Tag freiwillig aus.

In den ersten Stellungnahmen hieß es, dass sie vor der Teilnahme eine langwierige COVID-19-Erkrankung hatte. Im Camp war es dann so, dass sie den Geruch des Lagerfeuers als äußerst unangenehm wahrnahm. Daneben wurde sie von Hustenanfällen geschüttelt.

Nach dem Dschungelcamp kam sie in ein Krankenhaus und der Focus schreibt nun, dass sie an einer Post-COVID-Erkrankung leidet. Film plus Kritk ergänzt, dass die Person, die sie initial untersucht hat, kein Arzt war und daher keine medizinische Bewertung abgeben könne.

An dieser Stelle gute Besserung und vollständige Genesung nach Australien!

Anhörung zu Long COVID im US Senat

Am 18. Januar 2023 fand im Senat der Vereinigten Staaten eine Anhörung zu Long COVID statt. Unter der Leitung von Bernie Sanders sowie des Ranking Members Bill Cassidy kamen betroffene Personen und Forscher:innen im Ausschuss für Gesundheit, Bildung, Arbeit und Renten zu Wort. Die Videos dazu liegen auf der Seite „Addressing Long COVID: Advancing Research and Improving Patient Care„.

Ich habe versucht, einige Aspekte aufzuschreiben. Dabei können mir natürlich Fehler unterlaufen sein. Auf der obigen Seite gibt es ein Video, was ihr gern nachhören könnt.

Die Senatoren Cassidy (li.) und Sanders bei der Anhörung.

Zu Beginn machte Sanders klar, dass es sich hier um eine ernste Angelegenheit handelt. In den USA sind etwa 16 Millionen Menschen betroffen. Dabei sind solche mit niedrigem Einkommen und People of Color häufiger betroffen. Mehr als vier Millionen Menschen sind „out of work“ und er ging von einem Schaden in Höhe von 170 Milliarden US-Dollar aus.

Sein republikanischer Kollege Cassidy betonte, dass die USA schon mehr als eine Milliarde für Forschung ausgegeben haben und das Thema ernst nehmen.

Anhörung der betroffenen Personen

Nach der Einleitung sprachen drei Frauen.

  • Angela Meriquez Vázquez
  • Rachel Beale
  • Nicole Heim

Die beiden Erstgenannten sind selbst von Long- bzw. Post-COVID betroffen. Frau Heim war als Mutter einer betroffenen Tochter vor Ort.

Krankheitsbilder

Frau Vázquez war schon im März 2020 positiv. Ihre Erkrankung verschlimmerte sich über die Zeit immer mehr und seit nunmher fast vier Jahren leidet sie daran. Im Oktober 2023 wurde der Podcast „The Long Haul of Long Covid — ITT Episode 19“ ausgestrahlt. Dort erzählt etwas mehr über ihre Situation. Sie hat eine Krankenversicherung und dennoch mehr als 4.000 US-Dollar für Behandlungen ausgegeben, die die Krankenkasse nicht tragen wollte. Die Erkrankung bei Rachel Beale startete im März 2021 und äußerte sich durch Fieber und Schmerzen. Mittlerweile hat sich ihre Lage auch verschlimmert. Sie hat eine Fibromyalgie entwickelt, hat Fatigue, Schmerzen und Belastungsintoleranz (PEM). Bezüglich der Kosten und des zeitlichen Aufwands machte sie ähnliche Erfahrungen. Schließlich erzählte Nicole Heim von der Erkrankung ihrer Tochter. Im September 2021 infizierte sie sich.Als sie dann wieder in der Schule war, rief diese die Mutter an, weil die Tochter kurzatmig war und einen extrem hohen Puls hatte. Frau Heim fand es gut, dass ihre Tochter im Medicaid-Programm ist. Dadurch gab es bei ihr keine finanziellen Probleme. Im allgemeinen gibt es Untersuchungen, die annehmen, dass die jährlichen Kosten bei etwa 9.000 US-Dollar liegen könnten.

Senator Tim Kaine erzählte von seinen eigenen Erfahrungen mit Long COVID. Er hat nur leichte Symptome, während sein Kollege Jim Inhofe so schwer darunter leidet, dass er von seiner Position zurücktrat. Kaine entschied sich, zusammen mit Inhofe und Young darüber zu berichten, denn

We didn’t like that you aren’t being believed. US senators get believed.

Tim Kaine in Minute 1:19:15 der Anhörung

Empfehlungen der betroffenen Personen

Alle drückten aus, dass sie Schwierigkeiten haben, passende ärztliche Hilfe zu finden. Frau Vázquez meinte:

I am heavily invested in PubMed and Google Scholar.

Angela Meriquez Vázquez in Minute 45:53 der Anhörung

Nicole Heim hatte folgende Forderungen:

  • Untersuchungswerkzeuge erschaffen, die Long COVID erkennen
  • Bewusstsein für Long COVID bei den Kinderärzten stärken
  • Telemedizin stärken (Manche müssen bis zur Bundesgrenze fahren und machen dort auf dem Parkplatz eine Arztsitzung, weil es in deren Heimatbundesland nicht erlaubt ist.)
  • Ausschuss soll sich mit Kliniken treffen und Anforderungen besprechen

Anhörung der Forscher:innen

Neben den betroffenen Personen waren auch Forscher:innen aus verschiedenen Gebieten eingeladen:

Michelle Harkins beschrieb ihre anfängliche Arbeit in der Intensivstation und den Wechsel zu Patient:innen, die unter Long COVID leiden.Sie kam mit drei Forderungen an den Ausschuss.

  1. Förderung der Forschung auf dem Gebiet
  2. Zugang zu klinischen Leistungen für Patient:innen erleichtern (Kliniken mit unterschiedlichen Disziplinen)
  3. Präventionsmaßnahmen (Impfungen)

Die Senatorin Lisa Murkowski kommt aus Alaska, wo sehr viele Stämme leben und es wenig Straßen gibt. Sie erkundigte sich nach der Versorgung im „ländlichen Raum“. Schon die betroffenen Personen oben klagten über stundenlange beschwerliche Anfahrten. Frau Harkins hatte hier nur den Rat, sich mit den Stämmen auseinander zu setzen und diese mit einzubinden. In Alaska scheint es Gesundheitszentren zu geben. Diese sollen mit eingebunden werden und auch Telemedizin nutzen.

Ziyad Al-Aly ist recht bekannt für seine Forschung und betonte dies auch bei seiner Rede. Er machte klar, dass Long COVID den gesamten Körper und unterschiedlichste Gruppen von Menschen beeinflusst. Die Krankheitslast durch Long COVID ist auf einer Stufe wie Herzkrankheiten oder Krebs.Bezüglich Prävention meinte er

There is actually no Long COVID without COVID.

Ziyad Al-Aly in Minute 1:56:00 der Anhörung

Damit meint er, Luftfilterung und nasale oder orale Impfstoffe. Diese sollten im besten Falle viele Jahre halten. Letzteres benötigt Forschung.

Weiterhin empfahl Al-Aly einen Blick in die Geschichtsbücher. Viele Erkrankungen führen zu chronischen Erkrankungen. Dieses Wissen sollte zu mehr Forschung führen.

Charisse Madlock-Brown machte den Zusammenhang zwischen Long COVID und ME/CFS klar. So treffen auf etwa 50% der Long-COVID-Patient:innen die Kriterien für ME/CFS zu. Sie nahm Bezug zu dem Cancer-Moonshot-Programm von Joe Biden und forderte Ähnliches für Long COVID: Im Rahmen dessen sollte es große Studien und Versuche mit Medizin geben, um schnelle Erfolge zu erzielen und Wissen zu generieren.

Tiffany Walker stellte sich als Internistin vor. Sie erzählte ebenfalls vom medizinischen und wirtschaftlichen Einfluss und forderte mehr Geld für die Forschung. Im letzten Jahr gab die Regierung 10 Mio. US-Dollar für Kliniken aus. Insgesamt 9 Kliniken sollten für fünf Jahre unterstützt werden. Dr. Walker machte klar, dass das ein guter Ansatz ist, aber die Kliniken dennoch unter der Last an Menschen fast zusammenbrechen. Wenn sie von 20 Mio. Betroffenen ausgeht, wird es schwer, diese in den vorhandenen Kliniken zu versorgen.

Abschluss

Die Anhörung war sehr interessant, wenn natürlich bezogen auf die Situation in den USA. Aber sowohl die Lage der betroffenen Personen ist auch hier in Deutschland ähnlich wie auch die Herausforderungen in der Forschung. Nach meinem Eindruck ist das die Vorbereitung für weitere Forschungsgelder. Aber bereits jetzt ist die Forschung in den USA deutlich besser ausgestattet als hier.

Weitere Berichte

Schulsenator in Hamburg: Ties Rabe

Hambugs Schulsenator gelangte im ersten Jahr der Corona-Pandemie zu einiger Bekanntheit. Er äußerte sich, dass sich Kinder angeblich kaum in Schulen anstecken würden und implizierte somit, dass die Schulen sichere Orte wären. Allerdings gab es auch den ersten Corona-Ausbruch in einer Hamburger Schule und eine Auswertung ergab, dass mehr als zwanzig Personen von einem Schüler angesteckt wurden. Die Ergebnisse der Untersuchung sind auch bei FragDenStaat abrufbar. Dadurch stand Rabe lange Zeit in der Kritik und es wurde vermutet, dass er diese Ergebnisse zum Zeitpunkt der obigen Äußerung schon kannte.

Nun wurde vermeldet, dass er aus gesundheitlichen Gründen zurücktritt. In den Artikeln in der FAZ, NDR und T-Online ist bisher zu lesen, dass er zu erschöpft und infektanfällig ist. Daher benötigt er viel Ruhe. Das geäußerte Bild klingt nach Nachwirkungen einer oder mehrerer Corona-Erkrankungen. Ob dies wirklich so ist, wird sich zeigen.

Auch Herrn Rabe sei auf diesem Wege gewünscht, dass er die notwendige Ruhe bekommt und sich vollständig genesen kann.

Bürgermeister in Bayern: Jochen Vogel

In der SZ ist ein Artikel über den Bürgermeister von Motten und später Bad Brückenau, Jochen Vogel, mit dem Titel »Ich kenne mich nur als Vollgaspiloten« erschienen. Dieser beschreibt in einem Interview, wie sich das Leben für den Bürgermeister und wie er, leider, Anfang 2024 aus dem Dienst ausscheiden wird.

Jochen Vogel beschreibt sich als sehr aktiven Menschen, wenig Schlaf, viel Arbeit, Sport und sein Traumberuf ist Bürgermeister.

Im März 2022 hatte er seine erste Infektion. So wie es der Artikel vermuten lässt, verlief die Infektion recht mild und so gab sich Herr Vogel keine Ruhe. Er arbeitete während seiner Krankheit und versuchte, nachdem sich wieder negativ testete, wieder volle Fahrt aufzunehmen. Drei Tage später war dann plötzlich Schluss.

Seitdem scheint er starke Probleme mit der Konzentration zu haben, ist erschöpft und benötigt viel Schlaf. Ich lese zwischen den Zeilen ein Problem heruas, was auch bei anderen Patient:innen vorliegt: Sie können den Zustand nicht akzeptieren und versuchen, weiter Gas zu geben, wo der Körper eigentlich Ruhe benötigt.

Allerdings will nun Herr Vogel auch diesen Weg gehen und sich zunächst um sich und seine Genesung kümmern. Wünschen wir ihm auf diesem Wege Alles Gute sowie baldige und vollständige Genesung!

Zweiter Tag beim 2. Long-COVID-Kongress in Jena

Am zweiten Tag gab es bereits früh morgens einen interessanten Track zu Gesundheitsökonomie und Epidemiologie. Der Track begann jedoch um 8:30 Uhr und das ist weder nerd- noch familienfreundlich. 🙂

So war der Start in den zweiten Kongresstag der Vortrag mit dem Titel Wie kann die Politik die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung verbessern? vom FDP-Politiker Robert Martin Montag. Bereits in seinen ersten Worten kündigte er an, nichts zum eigentlichen Thema zu sagen. Dafür nahm er sich dann auch deutlich mehr als die geplanten 15 Minuten Zeit. Inhaltlich ging es um die Erfolge, die die FDP im Landtag angeblich erzielt hat.

Dr. med. Sandra Stengel: Rolle der Hausarztpraxis in der Versorgung von Long-/ Post-COVID – ein Mehrperspektivenblick

Frau Stengel ging in ihrem Vortrag auf die Hausarztpraxen ein und so gingen auch viele Hände hoch, als nach Hausärzt:innen im Publikum gefragt wurde. Sie verwies auf

als Informationsquellen. Dabei legte sie insbesondere einen Schwerpunkt auf die S3-Leitlinie zur Müdigkeit.

Neben weiteren Punkten diskutierte sie schließlich drei Fallbeispiele. Hier war deutlich die Bandbreite an Symptomen und Behandlungen zu sehen. In zwei der Fälle konnten Erfolge erzielt werden. Ein Lehrer kehrt in den Beruf zurück und eine Frau ist wieder in der Lage mehrere Kilometer spazieren zu gehen und scheint sich generell zu verbessern. Lediglich im letzten Fall war es so, dass am Ende die Behandlung abgebrochen wurde. Dies lag im Wesentlichen daran, dass die Patientin bettlägerig war und der Großteil der Kommunikation nur über Dritte lief. Hier wäre etwas wie die Jenaer WATCH-Studie hilfreich. Dort fährt ein Bus in die ländlichen Regionen und betreut die Menschen vor Ort.

Auf dem Kongress traf ich auch eine Teilnehmerin an der WATCH-Studie. Sie erzählte mir stolz von dem Bus, der in ihrem Ort hielt, wie sie an der Studie teilnahm und zeigte mir das Wearable, was sie im Rahmen der Studie bekam.

apl. Prof. Dr. phil. Christian Puta: PEM verstehen – Implikationen für individuelle Rehabilitationen

PEM war ein Thema, an dem sehr viele der Teilnehmer:innen ein Interesse haben. Ich wurde auch auf Mastodon direkt darauf angesprochen.

PEM steht für Post-Exertional Malaise. Wenn man das Wort auseinandernimmt, finden sich drei Bestandteile

  • Post: nach, danach
  • Exertion: Verbrauch von Energie
  • Malaise: Unwohlsein

Man könnte es als Unwohlsein nach dem Verbrauch von Energie beschreiben. Im Deutschen wird häufig von Zustandsverschlechterung nach Belastung gesprochen.

Christian Puta erklärte zu Beginn seines Vortrages den Begriff des Pacings. Da dies ein zentrales Konzept ist. Im Sport wird beispielsweise die Zeit, die pro Kilometer benötigt werden, als Pace bezeichnet. Das ist also der umgekehrte Wert zur Geschwindigkeit (km pro Zeit). Das Ziel ist nun, bei den betroffenen Personen eine solche Pace zu finden, die eben kein PEM, also einen Crash, auslöst.

Die Studie Characterizing long COVID in an international cohort: 7 months of symptoms and their impact von Davis HE, Assaf GS, McCorkell L, et al. gibt einen Hinweis auf die Auslöser von PEM. Demnach sind das hauptsächlich Stress und körperliche Übungen. Hier gab es auch nochmal einen Verweis auf Reha-Maßnahmen. Dort ist sehr häufig Sport eine der oft genutzten Maßnahmen.

Ein weiterer Schwerpunkt war es, ein Verständnis für die Energiegewinnung und -nutzung im Körper zu erhalten. Puta erklärte die sehr kurzfristige Zurverfügstellung von ATP über Kreatinphosphat sowie die anaerobe sowie aerobe Glykolyse. Menschen mit Post-COVID können sich häufig kurzfristig belasten, aber eben nicht langfristig. Dies ist ein Hinweis, dass es Probleme bei der aeroben Glykolyse gibt.

Beim Umgang mit PEM wurden vier Komponenten genannt:

  1. Energiequotient: Nach einer persönlichen Einschätzung soll die verfügbare Energie auf einer Skala von 0 bis 100 in der letzten Woche angegeben werden. Weiterhin soll auch die verbrauchte Energie angegeben. Es wird dann der Quotient aus verbrauchter und verfügbarer Energie berechnet. Im Allgemeinen sollte es so sein, dass verfügbare Energie größer oder gleich der verbrauchten ist. Ist letztere größer, besteht die Gefahr von PEM oder eines Crashs.
  2. Energierahmen: Der Energierahmen hängt von Faktoren wie Stress, Körperlage und anderen ab.
  3. Tägliche Routinen: Beim Umgang mit PEM sollte auf viel Erholung geachtet werden, Tätigkeiten sollten langsam ausgeführt werden und diese sollten über den Tag verteilt werden.
  4. Erholungs- und Belastungsmonitoring: Dabei sollte der Puls, die BORG-Skala und der MET-Wert beachtet werden. Der Puls könnte über Fitnesstracker oder ähnliche Geräre erhoben werden. Rechner für den Maximalpuls existieren ebenso. Die BORG-Skala ist ein Maß für die Anstrengung, die man selbst wahrnimmt. MET steht für metabolisches Äquivalent. Die englische Wikipediaseite hat eine gute Tabelle dazu.

Das Pacing, was hier vorgeschlagen wurde, umfasst mehrere Phasen. Im Vortrag wurde jedoch nur eine besprochen. Es beginnt mit einer Atemübung. Vorgemacht wurde das Cyclic Sighing. Allerdings eignen sich auch andere. Dabei ist es wichtig, dass die Ausatemphase länger als die Einatemphase ist. Danach folgt eine sechs- bis zehnminütige Übung. Diese ist immer in Sequenzen von 30 Sekunden Übung und zwei Minuten Erholung aufgeteilt. Diese sollte bei 50% der maximalen Herzfrequenz erfolgen. Der Rechner zeigt diese Werte mit an. Beendet wird die Pacing-Phase mit einer Meditation.

Insgesamt sollte die erste Phase bei einer Herzfrequenz von 50% des Maximums sein. Die BORG-Skala sollte bei 6-8 liegen und der MET-Wert bei 2,5. Diese Phase wird 3–6 Wochen so durchgeführt. Wenn das toleriert wird, kann man das Training langsam intensivieren. Dabei liegt die Betonung wirklich auf langsam.

In einer späteren Session wurde auch nochmal betont, dass es sehr viele Long-COVID-Patient:innen gibt, die sehr motiviert sind und zu viel wollen. Daher besteht die Aufgabe recht häufig darin, das Tempo rauszunehmen.

Weiterer Kongress

Den Rest des Tages habe ich dann mit Gesprächen verbracht. Hier und da war ich auch noch in Vorträgen und bei der Postersession. Mit einigen Leuten habe ich mich zu späteren Terminen vereinbart. Daher besteht gute Hoffnung, dass die Website weiter mit Inhalten gefüllt werden wird.

Insgesamt war der Kongress wieder eine gute Möglichkeit, sich mit Fachleuten auszutauschen und mit Betroffenen zu sprechen. Ich hoffe, dass ich auch im nächsten Jahr wieder teilnehmen kann.

Erster Tag beim 2. Long-COVID-Kongress in Jena

Am 24.11. und 25.11.2023 findet in Jena der 2. Long-Covid-Kongress statt. Ich habe die Chance ergriffen und nehme wieder daran teil. Unten findet ihr meine Eindrücke vom ersten Kongresstag.

Volkshaus mit Fahnen vom Long-Covid-Kongress Der Tag startete am Volkshaus bei eher mäßigem Wetter. Später sollte es sogar noch schneien.

Prof. Folke Brinkmann: Long COVID bei Kindern und Jugendlichen – wie ist der Stand der Forschung?

Nach der Anmeldung ging es innen mit Frau Prof. Dr. med. Folke Brinkmann. Sie gab einen Überblick zum Stand der Forschung bei Long COVID bei Kindern und Jugendlichen. Demnach wird bei Kindern eine Erkrankung als Post COVID bezeichnet, wenn

  • es eine Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus gab,
  • diese mindestens 2 Monate zurück liegt,
  • eines oder mehrere Symptome vorliegen, die es vorher nicht gab und
  • diese die Person relevant beeinträchtigen.

Die Häufigkeit der Krankheit (Prävalenz) wird in verschiedenen Studien sehr unterschiedlich angegeben und schwankte zwischen 1 und 50 %. Sie bezog sich dann auf Zahlen aus Dänemark. Diese gaben die Prävalenz mit Werten zwischen 2,5 und 3,5 % an. In der Diskussion wurde sie dann später gefragt, wie hoch sie die Werte jetzt schätzen würde und gab Werte zwischen einem und zwei Prozent an.

Die betroffenen Kinder leiden zumeist an Fatigue, Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit. Allerdings wurden auch weitere Beschwerden genannt.

Sie ging dann auf einen Faktor namens Long Lockdown ein. Demnach gab es auch nicht-infizierte Kinder, die ähnliche Symptome hatten. Diese wurden vermutlich durch das Fehlen des Soziallebens ausgelöst. Hier ist zu beobachten, dass diese verschwinden. Die „echten“ Long-COVID-Fälle bleiben.

Bei etwa 75 % der Kinder und Jugendlichen gehen die Symptome innerhalb eines Jahres zurück und bei nur wenigen bleibt das. Daher wurde die Begleitung der Betroffenen als eine der Hauptaufgaben genannt.

Prof. Dr. med. Uta Behrends: Long COVID und ME/CFS bei Kindern und Jugendlichen

Uta Behrends war bei Video zugeschaltet und gab in ihrem Vortrag einen Einblick in die Thematik. So sah es so aus, als ob ME/CFS erst bei Jugendlichen ab 17 Jahren ein großes Thema wird. In den jüngeren Altersgruppen gab es recht geringe Zahlen. Später ging sie noch auf das Projekt COVID Kids Bavaria ein.

ME/CFS ist ein Grund für häufige und längere Abwesenheiten in der Schule. Die Lebensqualität der Betroffenen ist geringer und es gibt Anzeichen auf verkürzte Lebenserwartung. Als Grund wurden hier Kreislaufprobleme, Krebs und Suizid genannt.

Acrocyanosis in a male Norwegian POTS patient. The patient's legs appear red and purple due to the condition.
By Pots Syndrome – <a rel=“nofollow“ class=“external free“ href=“https://www.flickr.com/photos/193598842@N06/51347747471/“>https://www.flickr.com/photos/193598842@N06/51347747471/</a>, CC BY-SA 2.0, Link

Das Thema POTS (Posturales Tachykardiesyndrom) war ihr noch wichtig. Hier geht es um Menschen, die Problem bei Lageänderungen haben. Das heißt, sie stehen auf und der Kreislauf macht schlapp.Das Foto oben ist von der englischen Wikipedia-Seite zu POTS und zeigt ein ähnliches Bild, was auch zum Vortrag präsentiert wurde.

Als Maßnahmen wurden die 3P (Pacing, Planen, Priorisieren), Schlafhygiene und Atemübungen empfohlen.

Prof. Dr. med. Georg Schomerus: Stigmatisierung und Psychologisierung bei PCS

Prof. Schomerus führte in das Thema Stigma ein. Es gibt wohl einen Stigma-Prozess. Der führt von der Wahrnehmung und Benennung einer Normabweichung zu einer Zuschreibung von negativen Stereotypen. Schließlich reagieren Menschen darauf negativ und diskriminieren die Person oder Gruppe. Anhand eines Beispiels zeigte er, dass dies schon bei Post COVID zutrifft.

Betroffene wurden zu Stigmatisierung befragt und empfanden die meiste Stigmatisierung durch Mitarbeiter:innen des Gesundheitswesens.

Viele der Punkte, die im Vortrag genannt wurden, sind zunächst Theorien und es werden Studien dazu stattfinden, um mehr zu erfahren.

Weiteres

Ich habe dann noch ein paar mehr Vorträge besucht. Allerdings habe ich zu wenig Mitschriften und werde vielleicht später dazu berichten.

Einige Zeit habe ich benutzt, um mit Leuten zu sprechen. Da gibt es vielleicht in der nächsten Zeit noch mehr zu berichten. 🙂

Interview in der Südwestpresse mit Dr. Werner

Die Südwestpresse hat Dr. Cornelia Werner interviewt. Der Artikel »Erbacher Ärztin: „Alle tun so, als wäre das Leben wieder normal“« stellt die Arbeit der Ärztin vor. Sie beschäftigt sich seit Beginn der Pandemie zunächst mit der akuten Erkrankung und nun mit den Langzeitfolgen. Frau Dr. Werner behandelt Patient:innen, die an Long COVID leiden und gibt ihr Wissen auf vielfältige Weise weiter. Unter anderem betreibt sie den sehr hörnswerten Podcast O-Ton Allgemeinmedizin.

Erfahrungsbericht von Rowland Manthorpe

Rowland Manthorpe ist ein Korrespondent von Sky News. Er infizierte sich Anfang des Jahres 2021 mit dem Corona-Virus. In Folge der Infektion entwickelte er LongCOVID. Im Artikel »How long COVID ruined my life, from crushing fatigue to brain fog« berichtet er über sein Leben mit der Erkrankung und dem Verbesserungsprozess.

In seinem Fall half es, die Erkrankung zu akzeptieren und mittels Pacing fand er einen Weg aus der Erkrankung. Im Verlauf versuchte er auch Sauerstofftherapien und war bei anderen Ärzten.

How long COVID ruined my life (and why it won't go away)